Das Aramäische hat eine herausragende geschichtliche und kulturelle Bedeutung. Sie ist die drittälteste noch gesprochene Sprache und nordwest-semitisch, die um 1200 v.Chr. in das syrisch-palästinische Land eindrangen und dort verschiedene Staaten gründeten. Sie ist eng verwandt mit dem Hebräisch und Arabischen. Die ältesten Zeugnisse von ihr reichen bis ins zweite Jahrtausend v.Chr. Mit 3.000 Jahren ist Aramäisch somit nach Chinesisch und Griechisch die älteste noch gesprochene Sprache der Welt.
Bereits am Anfang des ersten Jahrtausends verdrängte sie alle Sprachen in Mesopotamien. Sie entwickelte sich durch die tüchtigen aramäischen Kaufleute, die sich über den gesamten Orient verbreitet haben, bereits innerhalb einiger Jahrhunderte zur wichtigsten Sprache des Nahen Ostens. Sie war also die Weltsprache des vorchristlichen Jahrtausends. Als Reichssprache galt sie in Ägypten, Persien und anderen mächtigen Imperien früher Hochkulturen. Außerdem revolutionierte sie die Schriften. Große Teile des Alten sowie des Neuen Testaments sind in Aramäisch geschrieben worden.
Viele Menschen denken noch heute, dass Jesus Christus von Nazareth das Hebräische gesprochen hat. Durch sprachliche Assimilierung war diese Sprache den Juden allerdings bereits 500 Jahre vorher im Babylonischen Exil verloren gegangen. Aus den christlichen Überlieferungen wissen wir, dass die Muttersprache von Jesus das Aramäische gewesen war. Diese vergleichsweise sehr alte Sprache existiert bis in unsere Tage, und befindet sich gegenwärtig noch in unserer syrisch-orthodoxen Kirche im Gebrauch.
In der Heiligen Schrift (der Bibel) können wir aus dem Markusevangelium die Kenntnis entnehmen, was die letzten Worte Jesu am Kreuz gewesen waren. Sie waren von ihm in aramäischer Sprache gesprochen worden. So heißt es ja in Markus 5,41: „Eloi, Eloi, lema sabakhtani“ (das bedeutet: Mein Gott, mein Gott, weshalb hast du mich verlassen). Sowie weiter in Markus 5,41 spricht Jesus das gestorbene kleine Mädchen mit den Worten „Talita qum“ (Mädchen, erhebe dich!) an. Zusätzliche Hinweise auf das Aramäisch – als die damals gebräuchliche Sprache der Juden – finden sich viele Weitere im Alten Testament.
Das Aramäische wird im Anschluss an die griechische Benennung der Aramäer „syrisch“ genannt. Mit dem Begriff „Syrer“ bezeichneten die Griechen, seitdem sie Asien näher kennen lernten, uns als Nation, welche sich selbst „Aramäer“ nannten. Das Syrische wird von den syrischen Kirchenvätern und den Orientalisten die „Edessenische“ oder „die Mesopotamische“ Sprache genannt; sie wird auch als „aramäisch“ bezeichnet. Schon lange vor der Einführung des Christentums wurde dieser Dialekt in Edessa als Schriftsprache verwendet. Eine besondere Wichtigkeit erlangte die Schriftsprache aber, seit die Bibel in ihn übersetzt war (wahrscheinlich schon im 2. Jh.) und Edessa wurde immer mehr die Hauptstadt der rein aramäischen Christenheit. Ins persische Reich drang die Sprache von Edessa dann mit dem Christentum. Und bereits im 4. Jh. dient sie, die verbreitete „syrische“ Sprache, den christlichen Aramäern am Tigris als Schriftsprache.